Eine Frage, die vor allem von Cosplayanfängern relativ häufig gestellt wird, ist: “Wo finde ich passende Schnittmuster für mein Cosplay?”. Tatsächlich gibt es hierfür mehrere Optionen, mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
In dieser kurzen Episode beleuchte ich, welche Schnittmuster ich am liebsten nutze und wo du überall passende Schnittmuster für dein Nähprojekt finden kannst.
Hallo, mein Name ist Moni aka MissesCharmy und ich bin bekennender Stoffaholic! Das ist auch kein Wunder, denn ich bin gelernte Schneiderin, seit 2013 selbstständig in der Mode/Kreativbranche und seit 2017 Vollzeit Cosplay Commissioner. Ich gebe Workshops, halte Vorträge auf Conventions, hab schon so einige Cosplaywettbewerbe gewonnen und fertige im Jahr bis zu 100 unterschiedliche Kostüme für meine Kunden und mich.
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Das bedeutet, ich beschäftige mich regelmäßig mit der Frage: Welcher Stoff passt denn nun für dieses absolut unrealistisch aussehende Kostüm und wie sehr werde ich es hassen ihn zu tragen für die 100% Accuracy?
Eines vorweg: Natürlich sollte man nach Möglichkeit keinen Stoff verwenden, der sich nicht gut anfühlt. Aber manche Cosplays oder Designs lassen es einfach nicht, zu den kuscheligen Jersey zu nehmen, wenn das Original ein Kunstlederbodysuit ist. Noch dazu kommt, das man als Laie oft nicht weiß, was man mit all den lustigen Stoffbezeichnungen und Materialangaben anfangen soll. Darum hoffe ich, dass dir meine kleine Zusammenfassung hilft, in Zukunft den passenden Stoff für dein Cosplay besser finden zu können!
1. Die Basis: Natur- und Chemiefasern und ihre Gemische
Prinzipiell teilen sich Stoffe in drei Kategorien auf.
Naturfasern sind wie der Name schon sagt, aus Naturmaterialien gemacht, z.B.: Baumwolle oder Seide.
Chemiefasern werden auf künstlichem Weg hergestellt, z.B.: Polyester.
Gemische sind – wie der Name schon sagt – eine Mischung aus beidem.
Du kannst rausfinden ob dein Stoff das eine oder das andere ist, mit der sogenannten „Brennprobe“: Schneid dir ein Stück vom Stoff ab, groß genug, dass du es sicher halten kannst, während du eine Kante vorsichtig mit einem Feuerzeug abflammst. Bitte mach das wirklich mit Bedacht am besten über einer Schüssel Wasser oder der Spüle, manche Stoffe brennen sehr schnell ab!
Sieh dir dann die verbrannte Kante an:
Ist sie schwarz, bröckelig, dunkler Rauch ist aufgestiegen und es stinkt? Dann ist es Naturfaser.
Ist sie verschmolzen, klebrig, zieht im warmen Zustand Fäden und riecht nach verbranntem Plastik? Chemiefaser.
Ist es ein Gemisch, dann macht dein Stoff beides. Wie viel Prozent wovon im Stoff sind, lässt sich mit der Brennprobe aber leider nicht feststellen.
Besteht ein Stoff nur aus Chemiefasern, kann man davon ausgehen, dass der Tragekomfort auf Dauer nicht so schön ist. Plastik atmet nicht, dementsprechend fängt man auch leichter an zu schwitzen, der Stoff isoliert nicht sonderlich gut. Kennen wir meistens von billigen Winterjacken: bestehen sie aus Polyfasern, schwitzen wir eher, als dass sie uns warmhalten wie es z.B. ein Wollmantel tun würde.
Allerdings sind Stoffe nur aus Naturfasern auch nicht immer perfekt geeignet. 100% Leinenstoff ist kratzig und luftdurchlässig, 100% Baumwolle knittert leicht. Der Tragekomfort ist meistens super, aber Baumwolle ohne Zusätze glänzt nicht, dehnt sich nicht, erzielt keinerlei Effekte.
Du siehst also, den perfekten Stoff gibt es nicht!
2. Stoffarten
Jetzt da wir die grundlegende Basis kennen, wird es Zeit uns mit ein paar der gängigsten Stoffarten zu beschäftigen. Oftmals verwenden Stoffhändler ihre eigenen Fantasiebezeichnungen für Stoffe, was es uns schwer macht rauszufinden was wir vor uns haben. Die Bezeichnungen sind nicht genormt, was es nochmal schwieriger macht. Darum ist es hilfreich die häufigsten Stoffarten/Fasernamen zu kennen und seinen Fokus eher darauf zu legen.
Baumwolle
a. Baumwolle: Nicht dehnbare Webware, der gängigste Stoff, einfach zu verarbeiten, gibt es dicker oder dünner, Naturfaser, perfekt für Anfänger, auch weil er günstig zu bekommen ist.
Es gibt auch dehnbare Baumwolle, dafür wird es zu einem Gemisch mit z.B.: Elasthan. Gibt es auch mit Polyester, die Dehnfähigkeit lässt da allerdings mit der Zeit nach – der Stoff wird labbrig. Elasthan ist in allen Fällen immer die bessere Wahl!
Bezeichnung
Eigenschaften
Baumwolle
Weich, angenehm, dünn bis dick gewebt
Batist
Feinfädig, weich, dünn
Beschichtete Baumwolle
Wasserabweisend, steif
Cretonne
Steif, stumpfe Optik, für Deko / Vorhänge
Köper
Extrem strapazierfähig, fest, Arbeitskleidung
Popeline
Dicht gewebt, körnig, fest, für Mäntel
Canvas
Fest, robust, schwer entflammbar, für Deko
Jersey
b. Jersey: Dehnbare Maschenware, stretchy, je nach Art dünner (Singlejersey) oder dicker (Sweat), teilweise auch innen angeraut.
Aufpassen: Manche Jerseys/Sweats sind nur querelastisch und nicht 4-way-stretch! Für z.B.: Handschuhe oder Bodysuits eignen sich 4-way-Stretch Stoffe deutlich besser!
Bezeichnung
Eigenschaften
Viskosejersey
Gemisch mit Elasthan, dünn, leicht, luftig
Singlejersey
Extrem dehnbar und dünn, T-Shirts
Doublejersey
Robuster gewebt, dicker, für Pullis
Sweat
Dicker, meist angeraut innen, flauschig
Alpenfleece
Extrem dick und flauschig
Wintersweat / Sommersweat
Fantasiebezeichnung für dünneren oder dickeren Sweat
French Terry
Dick, innen angeraut, nur querelastisch
Netzstoffe
c. Netzstoffe wie Tüll: Polyester- oder Nylonnetz in sehr steifer bis sehr weicher Qualität. Steifere sind für Petticoats, weichere werden auch Brauttüll genannt und sind eher ein fließender on-top-Stoff.
Bezeichnung
Eigenschaften
Tüll
Standard Netz für z.B. Petticoats
Brauttüll
Superweiches, feines Netz
Mesh
4-way-elastisches feinmaschiges Netz für “durchsichtige” Einsätze
Kunstleder
d. Kunstleder: Immer Polyester (oder eine Abwandlung davon: PU), weil es grob gesagt ein Stück gewebtes Plastik beschichtet mit Farbe ist. Darum bröckelt die Farbe auch mit der Zeit oder unter viel Verwendung früher oder später ab. Die Rückseite ist auch der Garant dafür, kein Echtleder zu haben: Echtleder hat immer eine Hautseite, ist teurer und gibt es nicht als Meterware!
Kunstleder gibt es in super stretchy passend für Bodysuits(Stretchkunstleder) oder bis zu 1,5cm dick, für z.B. Rüstungsteile.
Bezeichnung
Eigenschaften
Kunstleder
Von 0,5 cm bis 1,5 cm dick (in etwa), steifer oder weicher, für Bekleidung oder Möbel, färbbar mit Kunstlederfarbe / Idye Poly
Stretchkunstleder
4-way-stretichiges Kunstleder für Bodysuits, färbbar mit Kunstlederfare / Idye Poly
Echtleder
Nur als Haut kaufbar, färbbar mit Lederfarbe, prägbar
Organza
e. Organza: Die gängigste Variante ist aus Polyester, aber es gibt auch Seidenorganza. Glänzender halbdurchsichtiger Stoff mit etwas Stand. Verwendet man hauptsächlich bei Ballkleidern oder wenn man einen durchscheinenden Effekt braucht.
Bezeichnung
Eigenschaften
Seidenorganza
Glänzend, etwas Stand, Naturfaser, teuer, dünn, halbdurchsichtig
Organza
Glänzend, etwas Stand, Chemiefaser, dünn, halbdurchsichtig
Jacquard Organza
Organza mit aufgedruckten / geprägten / genähten Mustern
Veredelter Organza
Mit Perlen, bestickt, benäht, bemalt, …
Chiffon
f. Chiffon: Auch hier, am häufigsten aus Polyester, aber auch aus Seide möglich. Weich fließend, sehr anschmiegsam und halbdurchsichtig, aber nicht so sehr wie Organza. Kein Glanz. Körniger Griff.
Bezeichnung
Eigenschaften
Seidenchiffon
Aus Naturfaser
Kunstseidenchiffon
Aus Chemiefaser
Crêpe Chiffon
Chemiefaser, veredelt für festeren Griff und kaum durchscheinend
Leinen
e. Leinen: Sehr luftdurchlässig, meist locker gewebt, in 100% Leinen aber auch oft kratzig, weshalb man eher zu Halbleinen (60% BW / 40% Leinen) greifen sollte.
Bezeichnung
Eigenschaften
100% Leinen
Fest gewebt, nicht elastisch, körnig
Viskose Leinen
Je höher der Viskoseanteil, desto dünner, luftiger, leichter
Halbleinen
Baumwoll-Leinen Gemisch, je nach Menge der BW dann leicht elastisch, weicher, angenehmer zu tragen, knitterarm
Samt
f. Samt: Gibt es von superbilligem Pannesamt aus Polyester bis teurem Baumwollsamt. Der billige Pannesamt ist extrem rutschig, glänzend und schwer zu verarbeiten. Baumwollsamt ist leider ziemlich teuer, aber dafür auch sehr edel. Hat einen Strich und Glanz, also aufpassen beim Zuschnitt!
Bezeichnung
Eigenschaften
Pannesamt
Extrem glänzend, rutschig, dünn, günstig
Cordsamt
“Gestreifter” Samtstoff
Samtbrokat
Fest, schwer, mit Mustern aus Gold-/Silberfäden eingewebt
Baumwollsamt
Teure, hochwertige Samtvariante
Spitze
g. Spitze: Feines Tüllnetz mit durchbrochenen Mustern oder anderweitigen Elementen, mit Pailletten, Perlen, Stickereien oder ganz ohne. Schwer zu verarbeiten, weil die Elemente leicht auftrennen könnten.
Bezeichnung
Eigenschaften
Häkelspitze
Maschinell oder händisch gehäkeltes Muster auf Baumwolle / Tüll
Lochspitze / Lochstickerei
Klassische Spitzenborte mit Lochmuster / löchrigem Design
Tüllspitze
Spitzenmuster auf Tüllnetz
Ätzspitze
In Baumwoll- od. Tüllstoff mit Chemikalien geätzte Muster
Applikationsspitze
Tüll / Baumwollstoff mit applizierten Muster
Taft
h. Taft: Dicht gewebtes Gewebe mit Schimmer. Lässt sich gut manipulieren z.B. für Crasheffekt oder Plisseefalten. Gibt es auch changierend / farbwechselnd, bestickt, gemustert, etc. perfekt für elegante Kleider.
Die Liste ist natürlich nicht vollständig, aber ich habe versucht mich auf die wichtigsten Stoffe für Cosplay zu beschränken.
Fazit
Am wichtigsten bei der Wahl des richtigen Stoffes ist, ihn so auszuwählen, dass er zum Projekt passt. Es bringt nichts, darauf zu bestehen keine Chemiefaser verwenden zu wollen weil „Plastik nicht atmet“ und dann zu versuchen einen Bodysuit aus nicht dehnbarer Baumwolle zu nähen.
Wie so vieles im Leben ist es oft ein Kompromiss. Manche Cosplays eignen sich aufgrund der verwendeten Materialien nicht dafür einen ganzen Tag – einer Convention – getragen zu werden, andere kann man dafür problemlos stundenlang ausführen!
Ich hoffe mein kleiner Auszug aus der Welt der Stoffe hat dir gefallen und geholfen, bei deinem nächsten Projekt ein bisschen weniger mit der Frage „Welchen Stoff nehme ich jetzt??“, zu struggeln. 🙂
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