Mental Health & Cosplay

Hallo, ich bin Grelli. Ihr kennt mich vielleicht als Grelltoffel auf Instagram. Ich bin 20 Jahre alt und cosplaye seit meinem 14. Lebensjahr. Seit ich circa sieben Jahre alt war, leide ich an einer Angststörung. Das hat sich in meinen sieben Jahren als Cosplayer natürlich auch auf das Hobby ausgewirkt und ich habe mehr als einmal mit dem Gedanken gespielt aufzuhören. Wie ich es geschafft habe diesen Gedanken zu überwinden und wie ich es immer wieder schaffe mich aufs Neue zu motivieren, möchte ich euch in diesem Gastbeitrag erzählen.

Dieser Gastbeitrag wurde von Grelli geschrieben.
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Wie kann Cosplayen die Psyche beeinträchtigen?

Der Druck von außen

„Du bist viel zu hässlich um den Charakter zu cosplayen!“
„Deine Skills sind nicht gut genug!“
„Was soll das denn überhaupt darstellen?“
„Das sieht ja furchtbar aus!“
„Du wirst dich eh nie verbessern! Du solltest lieber gleich aufgeben!“

Diese oder ähnliche Sätze haben viele von euch sicher schon einmal gehört. Auch mir wurde unter anderem so etwas schon an den Kopf geworfen. Vor allem zu meiner Anfangszeit als Cosplayer, als ich als 14-jähriges Küken noch keine Ahnung von Makeup, Perücken Styling oder den passenden Kostümen hatte. Diese Kommentare entmutigen! Vor allem wenn man sowieso schon mit sich bzw. seinem Selbstwertgefühl zu kämpfen hat und gerade versucht in dieser neuen, teils noch überwältigenden Welt, Fuß zu fassen.

Der Druck von innen

Die nächsten beiden Punkte kann man als Druck von innen zusammenfassen, da sie Gedanken und Probleme behandeln, die von uns selbst ausgehen. Auch wenn sie oft durch äußere Faktoren in Gang gebracht werden, spielt sich der gesamte weitere Ablauf in uns selbst ab. Je nach psychischer Gesundheit, Selbstbewusstsein und Problembewältigungsstrategien, passiert dies in einem weniger bis sehr schweren Ausmaß.  

Das ständige Vergleichen

Es ist nur natürlich sich mit anderen Menschen zu vergleichen. Es ist sogar wichtig, damit wir uns weiterentwickeln können. Aber zwischen förderlichem und schädlichem Vergleichen liegt nur ein sehr schmaler Grat. Vor allem Kommentare, wie die oben genannten, treiben uns schnell in ein sehr negatives Vergleichen, in welchem wir an uns selbst ausschließlich das Negative und an den anderen das Positive suchen:
„Wäre ich doch nur größer/ kleiner/ schöner/schlanker.“
„Könnte ich nur dies und jenes so gut wie der- oder diejenige.“

Solche Gedanken kommen den meisten Cosplayern sicher bekannt vor.
Man sieht sein eigenes Cosplay und fühlt sich auf einmal so, als würde man nie das erreichen, was andere können. Egal ob es dabei um das Aussehen oder um Fähigkeiten geht.

Der Wunsch nach Perfektion

Man kann sich aber nicht nur mit anderen Cosplayern vergleichen, sondern auch mit der Figur, die man darstellen möchte. Nun werden sich manche vielleicht denken: „Aber das ist doch der Sinn am cosplayen!“. Dazu kann ich sagen: Ja und Nein.
Natürlich geht es beim Cosplayen darum, einen Charakter nachzustellen und möglichst so auszusehen wie er. Aber hier kommen wir auch schon zum springenden Punkt, denn die Betonung liegt hierbei auf möglichst.

Egal ob eine Figur aus einem Anime, Cartoon, Videospiel oder gar eine lebendige Person – es ist schier unmöglich eins zu eins so auszusehen wie sie. Es wird extrem selten der Fall sein, dass man auf einen Charakter trifft, der quasi das exakte Ebenbild von einem selbst ist. Selbst die besten Makeup Skills werden daran nicht zu 100% etwas ändern können.

Egal ob man sich nun mit anderen Cosplayern oder der Figur an sich vergleicht, es wird einem schlicht und ergreifend immer etwas auffallen was „nicht zu 100% stimmt“. Man wird immer dieses und jenes Detail besser machen können und man wird immer jemanden finden, der manche Züge besitzt, die dem Charakter mehr ähneln.

Was kann mir Hoffnung geben? – Gedankenstrudel unterbrechen

Nun muss man es irgendwie wieder aus dieser dunklen Ecke herausschaffen, um sich neu motivieren zu können und die Freude am Cosplayen wieder zu finden. Dazu ist es notwendig, die Gedankenstrudel der oben genannten Punkte zu unterbrechen. Wie das ganze aussehen kann und an welchen Anhaltspunkten man sich dabei orientieren kann, erzähle ich euch jetzt:

Worum es beim Cosplayen eigentlich geht

Natürlich ist der Grundgedanke des Cosplayens, einen Charakter oder eine Person möglichst akkurat darzustellen. Doch ist es dabei wichtig, auf welchem Stand man sich derzeit befindet?
Ist es wichtig, ob das Cosplay gekauft oder selbstgemacht ist?
Ist es wichtig, ob die Perücke perfekt gestylt und das Makeup auf dem höchsten Niveau ist?
Ist es notwendig, dass man eins zu eins so aussieht wie der dargestellte Charakter?
Auf alle diese Fragen gibt es eine einfache Antwort: Nein.

Das Schöne am Cosplayen ist, dass es eigentlich ein sehr inklusives Hobby ist. Man ist extrem frei in seiner Ausgestaltung und es ist egal, wer etwas wie darstellt. Es ist unwichtig, ob man genau denselben Körperbau, dieselben Gesichtszüge, ein gekauftes Kostüm aus dem Faschingsladen oder ein handbesticktes, selbstgenähtes hat. Wichtig ist nur eins: Der Spaß!

Jeder kann sich verbessern

Natürlich ist es völlig in Ordnung und auch normal, sich in seinem Hobby weiterentwickeln und verbessern zu wollen. Dabei ist es wichtig, sich stets ins Gedächtnis zu rufen, dass egal ob man ein Anfänger oder langjähriger Cosplayer ist, man sich immer verbessern und weiterentwickeln kann. Und zwar jeder einzelne von uns!

Ich selbst hab das am Anfang auch nicht geglaubt. Ich hatte eine so schlechte Feinmotorik, dass ich nicht einmal mit einem Lineal einen geraden Strich in mein Matheheft malen konnte. Wie hätte jemand wie ich also jemals lernen sollen sich zu schminken? Die Antwort ist: Durch Übung, Geduld und das Vertrauen in sich selbst, es schaffen zu können.

Vor allem letzteres kann sehr schwer sein. Hierbei kann ein positiver Vergleich mit anderen helfen. Viele Cosplayer haben schon einmal ein Cosplay Glow Up Bild gepostet, bei dem sie zeigen wie ihre Kostüme zu Anfang ihrer Cosplay Zeit aussahen und wie sie mittlerweile aussehen. Mir persönlich hat es sehr geholfen zu sehen, dass Leute die einmal auf demselben Stand wie ich waren, so geworden sind, wie ich einmal sein möchte.

Sich seine Fortschritte bewusst machen

-Dieser Tipp bringt eher Cosplayern etwas, die nicht mehr ganz am Anfang stehen.-

Manchmal ist es wichtig durch die eigene Bildergalerie zu scrollen und sich Bilder seiner Anfänge anzusehen. Nur um sich so einmal bewusst zu machen, wie weit man schon gekommen ist!
Oftmals fühlt man sich so gefangen, als wäre man kein Stück vorangekommen. Ein kleiner oder vielleicht auch ein großer Rückblick kann da sehr hilfreich sein, um sich zur Abwechslung mal nicht mit anderen, sondern mit sich selbst zu vergleichen. Dabei muss auch kein riesiger Sprung erkennbar sein. Selbst kleine Fortschritte sind Fortschritte! Und auch mit kleinen Schritten kommt man an sein Ziel. Es ist mit der Entwicklung beim Cosplayen das gleiche wie bei der menschlichen Entwicklung allgemein: Jeder macht es in seinem Tempo! Und das ist völlig okey!

SajaLyn’ Anmerkung: Tatsächlich ist es stets empfehlenswert, sich in erster Linie mit sich selbst, anstatt ausschließlich mit anderen, zu vergleichen. Das gibt dir einen realistischen Blick dafür, was du erreichst hast und was du noch erreichen wirst. Du vermeidest so, dich in unrealistische Erhaltungswartungen und negative Gedankengänge zu stürzen.
Siehe auch: Du wirst nicht besser, wenn du die Kritik anderer nicht annimmst! Oder?

Und zu guter Letzt…

Eine Pause einlegen

Wenn man merkt, dass einem für die genannten Tipps bereits die Kraft oder die Motivation fehlt. Wenn man sich auch zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vorstellen kann, dass diese Tipps etwas bringen werden, kann man natürlich immer eine Pause einlegen!
Denn ein Ende muss nicht immer permanent sein. Das schöne an einem Hobby ist, dass man nicht alles gleich endgültig hinwerfen muss, sondern sich erholen und zu einem späteren Zeitpunkt einfach weitermachen kann. Also nimm dir alle Pausen und Auszeiten, die du brauchst und tanke neue Kraft!

In dieser Zeit ist es oft auch ratsam, einen größtmöglichen Abstand zum ganzen Thema zu gewinnen, um wirklich einen klaren Kopf bekommen zu können. Also wäre es vielleicht auch ratsam, Abstand zu den sozialen Netzwerken zu nehmen oder zumindest zu Inhalten, die mit Cosplay zusammenhängen.

Schlusswort

Ich hoffe, ich konnte euch mit meinen Worten ein wenig Halt, Hoffnung und eventuell sogar konkrete Tipps geben, mit denen ihr etwas anfangen könnt. Wenn ihr Fragen zu diesem Thema habt, könnt ihr euch gerne jederzeit auf Instagram in den DMs bei mir melden.

Ganz viel Liebe,
Eure Grelli

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Cosplay als Therapie [Gastbeitrag von anonym]

In meinem letzten Beitrag habe ich ausführlich davon berichtet, welche negativen Erfahrungen ich vor allem im Cosplay-Bereich gemacht habe. Natürlich ist nicht alles schlecht und viele von euch haben positive Erfahrungen gesammelt. So auch dieser anonyme Autor, der im Folgenden über seine Erfahrungen berichtet:

Jeder kennt mindestens eine Person, für die Cosplay neben einem Hobby gleichzeitig auch noch eine Therapie ist oder ist sogar selbst davon betroffen. Doch wieso Cosplay, was ist der positive Effekt von Cosplay? Darüber möchte ich heute als eine betroffene Person schreiben. Ich werde aus meiner Sichtweise und meine Gedanken aufschreiben. Natürlich gilt diese nicht für alle Personen, die Cosplay als Therapie für sich gefunden haben. 

Nie hätte ich gedacht, dass Cosplay eine so starke Auswirkung auf meinen Charakter haben würde. Als ich mit Cosplay angefangen habe, litt ich an tiefen Depressionen, hatte Angst neue Leute anzusprechen/kennenzulernen und war in psychologischer Behandlung. 

Um zu verstehen warum Cosplay solch eine positive Auswirkung auf mich hatte, muss man den Grund verstehen, warum ich diese Depressionen und anderen Ängste bekommen hatte. Genau diese Gründe scheinen tatsächlich öfter in der Cosplay Community aufzutreten. 

Seit dem ich denken kann, war ich derjenige, der in unserem kleinen Dorf anders war. Ich habe nicht Fußball gespielt, war der Dicke und war den meisten aufgrund meiner anderen Interessen suspekt. Schwer ist es in solch einem Dorf aufzuwachsen und Kontakte zu finden. Man wurde nur abgelehnt, hatte es schwer Freundschaften zu bilden und diese zu halten. Wer will sich schon mit dem komischen Typen abgeben? 
Das hat sich von Klasse 2 bis Klasse 13 durchgezogen. Ich hatte Angst nach draußen zu gehen, dachte jeder lacht über mich und bin immer mehr vereinsamt.  Wenn man nun zusätzlich noch unglücklicherweise an die falschen Freunde kommt, die einen im Stich lassen, ist die Depression, aus der man nicht mehr raus kommt, nicht mehr weit. 
Bis heute habe ich zum Teil damit zu kämpfen und es hat Auswirkungen auf mich, wenn auch durch Cosplay nicht mehr so starke. 

Fast forward zu den Anfängen meiner Cosplayleidenschaft.

Kurz vorher haben mich vermeintliche Freunde wieder im Stich gelassen und außerhalb von Universität, hatte ich keine sozialen Kontakte mehr. Ehe ich es realisieren konnte rutschte in meine zweite Depression, aus der ich nicht raus zu kommen schien. 
Seit einer Comic Con war ich allerdings von der Idee zu Cosplayen angefixt. Was meine Eltern mir als Karnevalskostüm vorschlugen, wurde ruckzuck zu einem ausgewachsenen Cosplay Projekt. Meine negativen Gedanken wurden plötzlich zu Cosplaygedanken: Keine Zeit mehr darüber nachzudenken, wie einsam ich war oder wie scheiße es mir doch geht. Keine Zeit mehr für Selbstmitleid. 

Die Zeit für meinen ersten Auftritt im Cosplay war gekommen und auch wenn es eine kleine Convention war (mit zugegebener Maßen gewöhnungsbedürftigen neuen Leuten), wird mir dieser Tag für immer in Erinnerung bleiben.
Anstatt der Ablehnung, die ich sonst so gewohnt war, habe ich plötzlich Zuspruch bekommen. Anstatt, dass sich Leute weg gedreht haben, haben sie sich zu mir gedreht, mich angesprochen oder mich sogar umarmen wollen. Ich war völlig perplex und die Leute mit denen ich zuvor nur geschrieben hatte, konnte ich sofort als meine Freunde bezeichnen. Ein Erlebnis, das ich vorher noch nicht kannte: ich konnte sehen, wie ich Leute glücklich machte.

Nun war ich voll dabei, mein Kostüm war nicht gut genug für mich und ich fing an es auszuarbeiten. Auf Facebook und anderen Seiten fing ich an meine Bilder zu posten. Mein vorher nicht vorhandenes Selbstbewusstsein fing durch den ganzen Zuspruch an größer zu werden. 
Auf den ersten Conventions, mit meinem nun vollständigen Cosplay, wurde ich weiterhin begeistert angesprochen und mein Weg ging steil nach oben. Bald hatten Leute meine Bilder gesehen und folgten mir, von denen ich niemanden kannte. Auf Cons wurde ich angesprochen, mit Worten wie “ich folge dir” oder “ich habe dich schon mal gesehen, mich aber nicht getraut dich anzusprechen”. 
Langsam hatte ich realisiert, dass ich keine Angst mehr vor Leuten haben musste, dass ich Leute von mir begeistern und glücklich machen kann.

Daraufhin dachte ich mir, das schaffst du auch ohne Cosplay. Kurz darauf stand ich ohne Kostüm vor 200 fremden Leuten und machte eine freie Moderation mit Mikro in der Hand. 
Zusammengefasst kann ich daraus sagen: Cosplay hat mir gezeigt, wie wertvoll ich selbst überhaupt bin. Wie ich Leute zum lächeln bringen kann. Wie wenig Angst ich eigentlich haben muss, wenn ich auf Leute zu gehe, denn die wenigsten werden mich ablehnen und wenn doch, dann ist das so. Es gibt ja noch andere neue Leute, die ich kennen lernen kann. Die schönste Sache allerdings: Ich fand neue Freunde und Gleichgesinnte. 

Viele andere Cosplayer haben auch mit den Folgen von Ablehnung und Mobbing zu kämpfen. Viele auch noch mit anderen Dingen, die nur sie selbst wissen. Cosplay hilft dabei, seine Gedanken auf etwas Neues zu fokussieren, etwas anderes, das nicht der Gedanke an die eigenen Probleme ist und neue Freunde zu finden. 

Falls du das hier liest und dich selbst wieder findest, dann sag ich dir: Leute sind genau so zu dir, auch wenn du dich nicht mehr im Cosplay befindest. Du bist immer noch die gleiche Person, die von Leuten auf Conventions toll gefunden wird, nur ohne Kostüm.

Schäme dich nicht für das was du bist oder was du machst.

Sei genau darauf stolz was du geschafft hast und zeige das deiner Umwelt, du wirst mehr Zuspruch finden als du geglaubt hättest. 

Eine kleiner Tipp allerdings als ehemals Betroffener. Es bringt nichts, wenn ihr eure negativen Gedanken öffentlich macht. Ihr macht euch nur noch verletzlicher.
Falls es euch schlecht geht oder ihr schlechte Gedanken habt, behaltet es für euch bzw., sprecht einzelne Personen darauf an. Postet es allerdings nicht in euren Instagram-Status oder sonst wo. 
Je mehr ihr euch selbst bedauert oder Bedauern von anderen erwartet bzw. bekommt, desto schwieriger ist es, aus diesem Teufelskreis rauszukommen und die Gedanken von den negativen Sachen im Leben zu lösen. 

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